Wie viel kann ich annehmen?

Seit geraumer Zeit bekomme ich viele Geschenke. Ich meine, richtig viele. Ich könnte es auch anders sagen: Einiges von dem, was ich ohnehin immer hatte, nehme ich jetzt als Geschenk wahr. Z.B. die Tatsache, dass jeden Tag Essen für mich auf dem Tisch steht. Der Unterschied zu früher ist der, dass ich nicht dafür arbeite. Ich verdiene es mir nicht, es ist einfach für mich da. Vom Blickwinkel eines alten Bewusstseins könnte man sagen: Eine Stunde Holz hacken für das Essen, einmal Hunde hüten für mein Brennholz, eine Lampe oder etwas anderes montieren für die Benützung der Waschmaschine, diverse andere Arbeiten für die Miete usw.

Doch nicht einmal wenn ich mich bemühe, kann ich es so sehen. Weil es nicht so ist. Ich erhalte einfach jede Menge Geschenke. Und auch ich schenke. Was ich tue, tue ich aus eigenem Antrieb, weil es mir Freude macht, nicht aus einer Verpflichtung heraus. Ich erbringe keine Leistung für eine Gegenleistung. Ich folge ausschließlich meinen inneren Impulsen und meiner Freude. So wie Joya einem spontanen Impuls gefolgt ist, als sie mich hierher eingeladen hat. Als die Familie im Grünhexenland mir eröffnete, dass ich auch länger als ein paar Wochen hier bleiben könnte, tat sie es nicht, weil sie sah, dass ich eh brav arbeitete, sondern weil ihr das Zusammenleben mit mir angenehm oder nett oder bereichernd oder etwas in dieser Richtung erschien. Wie es auch für mich bereichernd und angenehm ist.

Ich erhalte nicht nur von den Menschen im Grünhexenland Geschenke. Vor wenigen Wochen besuchte mich ein Freund aus Wien. Alleine das war schon ein Geschenk. Er brachte mir die paar Sachen, die ich in seinem Keller gelagert hatte (= Geschenk), mit. Das nächste Geschenk. Darüber hinaus brachte er mir meine Stereoanlage, die bei einem anderen Freund gelagert war (= Geschenk), auch mit. Wieder ein Geschenk. Über Weihnachten war ein anderer Freund aus Wien mit seiner Partnerin zu Besuch. Ein Geschenk. Sie brachten Weihnachtsgeschenke mit, die allesamt ausgesucht und erlesen waren. Auch die Geschenke für die Grünhexenfamilie waren Geschenke für mich, weil ich mich freue, wenn sie sich freuen. Joya hat die beiden natürlich verköstigt, was wieder auch ein Geschenk für mich war. Weil ich mich freue, wenn meine Freunde gut versorgt werden. Beim Abschied am Montag Vormittag drückte mir mein Freund einen Geldschein in die Hand. Schon wieder ein Geschenk! Ich hatte natürlich kein Wort darüber verloren, dass ich Geld gut brauchen könnte.  (Anders gesehen: Ich hatte mir wieder einmal Geld erschaffen. Es kommt dann eben von irgendwo.)

Vor wenigen Wochen hatte ich eine Unterhaltung mit einer Nachbarin des Grünhexenlandes. Sie spricht gerne mit mir über die Dinge des Lebens, also kommen wir immer wieder auf dieselben Themen. Wir stellten fest, dass ihre Tochter nicht das tut, was sie von Herzen tun möchte. Was die Nachbarin an ihrer Tochter sehen kann, sieht sie nicht bei sich selbst, denn ihr selbst geht es da ganz ähnlich. Sie fragte mich, was sie denn sonst tun könnte. Und vor allem, woher denn das Geld kommen sollte. Ich versuchte ihr zu sagen, dass das Geld eben irgendwoher kommt, wenn man sich keine Sorgen darüber macht. Daraufhin wurde sie ziemlich emotional und sagte mit erhobener Stimme sinngemäß: „Du bezahlst keine Miete! Du zahlst nicht für das Wäsche waschen! So etwas könnte und würde ich in meinem Leben NIE tun! Niemals!“ Ihr Ton klang fast etwas vorwurfsvoll, so, als ob sie mich als Schmarotzer betrachten würde.

Und da dachte ich mir: Das ist der Punkt. Die meisten Menschen sind nicht in der Lage, Geschenke anzunehmen. Auch viele Shaumbra noch nicht. Alles muss „gerecht“ verdient werden. Wie oft wurde uns gesagt, dass die Ressourcen für uns einfach da sind? Dass wir uns keine Gedanken machen sollen, woher sie kommen? Und vor allem, wie sie kommen? Wohlstand muss nicht in Form von Geld zu uns kommen, er kann auch ganz anders kommen, durch ganz andere Geschenke. Und wie oft wurde uns gesagt, dass wir nichts verdienen müssten? Dass Wohlstand unser Geburtsrecht sei? Und wir ihn einfach annehmen sollten? Und ich erinnere mich an einen Shoud von Tobias, in dem er gesagt hat, dass der Rückfluss einer Investition keineswegs aus der Investition selbst kommen muss. Er kann aus einem ganz anderen Kanal kommen.

Ich tue ja so manche Dinge, die noch nicht viele Shaumbra tun. Den gut bezahlten Job zu kündigen, ohne zu wissen, was man dann tun möchte, und ohne finanziellen Hintergrund, das taten schon so manche. Anschließend einmal ausgiebig nichts zu tun, das tun schon weniger. Die darauf folgende berufliche Betätigung, die scheinbar oder auch wirklich einer Leidenschaft entspringt, nach kurzer Zeit wieder aufzugeben, tun noch weniger. Im einkommenstechnischen Niemandsland beim AMS zu „kündigen“, weil einem jede Art von Verpflichtung widerstrebt, wer tut das schon? In dieser Situation auch die Wohnung aufzugeben, weil man im Inneren einfach spürt, dass das das Richtige ist, wer tut das noch? Jeder Mensch aus der „alten Welt“ würde mein Vorgehen als weltfremd, halsbrecherisch und schlichtweg blöd bezeichnen. Diese Worte habe ich auch dann und wann gehört. ;-) Ich schicke mich an, das alles, was wir gehört haben, tatsächlich zu leben. Nicht weil ich es gehört habe, sondern weil ich es schon lange gefühlt hatte, bevor ich es gehört habe. Ich schicke mich an, in jeder Situation ausschließlich meiner inneren Stimme zu folgen, keine Verpflichtung zu leben, mir das zu erschaffen, was ich brauche und haben will und mir vor allem nichts zu verdienen. „Ich bin es wert, alles zu bekommen, was ich haben will, einfach weil ich bin, nicht weil ich es mir erarbeitet habe.“ Das und nicht weniger versuche ich zu leben. Mit einer erstaunlichen Konsequenz, wenn ich auf meine letzten Jahre zurück blicke. Ich möchte das, was ich tue, einfach tun, ohne etwas dafür zu verlangen. Es macht mir nämlich Freude, es zu tun. Und ich möchte das, was ich haben will, einfach bekommen, ohne etwas dafür zu geben. Das zu üben, funktioniert im Grünhexenland hervorragend.

Bei dieser Lebenseinstellung ist es wichtig für mich, annehmen zu üben. Diesen Prozess habe ich vor wenigen Jahren begonnen. 2010 habe ich dabei wesentliche Fortschritte gemacht. In den letzten drei Monaten hatte ich kein einziges Mal das Gefühl, mich für ein Geschenk revanchieren zu müssen. Die Geschenke meiner Freunde, die jetzt zu Besuch waren, nahm ich mit großer Freude. Ich bin keinem meiner Freunde etwas schuldig. (Sonst hätte ich, nebstbei erwähnt, auch noch Karma aufgebaut.) Noch vor nicht allzu langer Zeit hätte ich das nicht geschafft. Ich hätte das Gefühl gehabt, irgendetwas leisten zu müssen. Beim Annehmen geht es weit nicht nur darum, die Dinge anzunehmen, die uns unangenehm erscheinen. Das haben ja die meisten von uns relativ schnell gelernt. Aber ich glaube, dass das sogar der kleinere Teil ist. Der größere Teil ist das Annehmen all dessen, was wir uns wünschen und haben wollen, die Fülle, die Liebe, unsere eigene Größe, unsere Freiheit und unsere Kraft. Unser Erbe anzunehmen, unser Geburtsrecht. Ich bin ganz bestimmt nicht der einzige, der diesem Teil lange Zeit weniger Aufmerksamkeit geschenkt hat, als dem Annehmen der unangenehmen Dinge. Und was sollte da wohl in mein Leben treten? ;-)

Irgendwann in letzter Zeit habe ich mir all die Dinge vor Augen geführt, die ich gerne hätte. Nicht Dinge, die ich unbedingt brauche, sondern solche, die mein Leben hier noch schöner und komfortabler machen würden. Und das waren gar nicht so wenige. ;-) Und dann fragte ich mich, was ich tun würde, wenn Joya mir all das schenken würde. Ob ich das von ihr annehmen könnte. Meine Antwort lautete Nein. Ich könnte es nicht annehmen. Und schon hatte ich den Grund dafür, warum ich diese Dinge nicht habe. Es geht nicht darum, ob Joya mir sie schenkt, oder ob ich sie irgendwie anders bekomme. Für mich war einfach die Vorstellung einer konkreten Person hilfreich, um herauszufinden, wie es um meine Fähigkeit, annehmen zu können, bestellt ist. Und ich stellte fest, sie ist für meine Verhältnisse schon ziemlich gut, aber deutlich verbesserungsfähig.

Vor ein paar Jahren hörte ich einen Ausschnitt eines Vortrages über verschiedene Themen. Der Vortragende sagte sinngemäß Folgendes:

In Indien sagt man, dass der Höchste (Gott) Fülle wie ständigen Regen auf uns herabfallen lässt. Die Frage ist nun, mit welchem Gefäß wir den Regen auffangen. Die meisten Menschen stellen keine große Tonne hin, sondern halten lediglich einen Fingerhut in den Regen. Nicht nur, dass in den Fingerhut fast nichts hinein passt, es dauert auch noch lange, bis er voll ist, weil die meisten Regentropfen daneben fallen, nicht hinein. Das größte Problem ist aber, dass die meisten dieser Menschen den Fingerhut noch dazu verkehrt herum in den Regen halten, sodass überhaupt nichts rein fallen kann.

Diesem wunderbaren Vergleich habe ich wirklich nichts mehr hinzu zu fügen. Ich wiederhole nur noch die Überschrift dieses Blogs. Wie viel kann ich annehmen? Ich kann der brillanteste Schöpfer des Universum sein, wenn ich nicht bereit bin, meine Schöpfungen und deren Früchte in Empfang zu nehmen, bekomme ich immer nur das, was ich nicht will.

Kommentare

Permalink

Es ist echt spannend, wie die Geschenke zu mir finden. Seit mehreren Wochen beschäftigt mich die Frage, wie es funktioniert Schöpfer zu sein. Erst beim Lesen dieses Artikels ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Ich habe alles was ich im Leben bekommen habe immer verdient, an eine " Tat geknüpft" . Es schwang immer so unterschwellig mit, dass ich etwas tun muss um etwas zu erhalten. Wie soll die Geschenke annehmen wenn ich sie an "wenn - dann" knüpfe und nur ein Gefäß hinstelle wenn ich vorher etwas geleistet habe. Jetzt auf dem Schöpferweg waren auch die alten Muster, wenn ich meinen Job aufgebe, dann kann es fließen. So setzte ich nun seit Monaten zu Hause, ohne Arbeit aber immer noch in den alten Mustern. Wenn ich jeden Morgen meditiere ... dann, wenn ich das Herz öffne dann... Wenn ich im Sein bin dann. Überall Anstrengung. Echt spannend. Zeit sich von diesem Muster zu verabschieden. Danke dir für diesen Artikel. Grüße von Herzen Andrea