Ich habe schon öfter über Angst und den Umgang mit ihr geschrieben. Im Kern geht es immer darum, dass erwachende Menschen Angst haben, mehr als vor ihrem Erwachen, und diese Angst als falsch und störend empfinden. Sie sprechen dann eher verhalten darüber, manche gar nicht. Dieses störende Zeug gehört einfach weg.
Ich habe dann früher öfter damit geantwortet, dass ich von meinem Schlüsselerlebnis mit Angst erzählt habe, das mir einen völlig neuen Umgang mit meiner Angst ermöglichte. Dieses Schlüsselerlebnis erzähle ich der Vollständigkeit halber auch jetzt kurz.
Es war in der Zeit meines Erwachensprozesses, also noch geraume Zeit vor meiner Erleuchtung. Ich bin gerade vom Einkaufen o.ä. zurückgekommen und habe wie immer vor dem Aufstieg zu meiner Wohnung (4, Stock ohne Lift) ins Briefkästchen geschaut. Da war eine sehr schlechte Nachricht drin. Augenblicklich war ich in Panik und sah mein Leben einbrechen. Meine Knie waren weich, ich zitterte am ganzen Körper und machte mich so auf den Weg in den vierten Stock. Mein Verstand war hyperaktiv, über meinen Bauch will ich gar nicht reden. Echte akute Panik also.
Und während ich hinauf gewackelt bin, habe ich zu mir gesagt: „Jetzt habe ich aber genug! Jetzt will ich wissen, was das ist, ich will diese Angst fühlen!“ Ich war noch nicht im vierten Stock, musste mit dem Fühlen also noch warten. Oben angekommen habe ich sofort alles liegen und stehen gelassen und mich auf den erstbesten Sessel gesetzt. Ich tauchte ein in diese starke Emotion der intensiven Angst und war überrascht wie nur was. Diese Emotion fühlte sich richtig gut an! Sie war einfach eine starke, intensive Emotion, die ich mehr und mehr genoss. Leider viel zu kurz, denn nach ca. zehn Sekunden war die Angst weg und ich traurig, denn ich hätte sie gerne länger gefühlt.
Jedenfalls hatte ich ab diesem Zeitpunkt einen anderen Umgang mit Angst, und diese Art von Angst ist auch kaum mehr wiedergekommen. Und wenn, dann in sehr schwacher Form. Ich hatte der Angst die Zähne gezogen.
Was habe ich da genau gemacht? Ich habe auf die Angst vor der Angst gepfiffen, indem ich die Angst kennenlernen wollte. Ich habe die Angst entkoppelt von der Angst vor ihr. Denn das ist das Problem, die Angst vor der Angst. Menschen wollen – völlig zurecht – keine Angst haben und vermeiden sie so gut wie möglich. Und haben Angst vor der Angst, die vielleicht auftreten könnte. Damit bleibt ihnen aber die eigentliche Angst unbekannt, weil sie ja immer vor ihr davonlaufen.
Gut, das war eine Art der Angst, um die es mir heute gar nicht geht. Wie schon gesagt erwähne sie nur der Vollständigkeit halber. Es ist die akute, starke Angst. Sie hat ihren Ursprung in der aktuellen Inkarnation, ist also dem Menschen bekannt. Vielleicht nicht in dieser Heftigkeit, aber bekannt.
Darüber hinaus gibt es Ängste aus anderen Inkarnationen. Die sind fies, weil der Mensch plötzlich Angst verspürt und er nicht weiß, woher sie kommt. Er weiß nur, dass er diese Angst nicht kennt und er ratlos ist. Diese Ängste fühlen sich so ähnlich an wie die oben von mir beschriebene, bloß dass der Konnex fehlt, was den Menschen maximal verwirrt. Diese Ängste tauchen deshalb auf, weil sie entlassen werden müssen. Sie gehören nicht in das Leben eines göttlichen Menschen. Sie gehören also keinesfalls bearbeitet (wie übrigens jede Art von Angst), sondern entlassen.
Dann gibt es außer den akuten Ängsten die latenten Ängste. Die sind unterschwellig immer da, fallen dem Menschen aber nur selten auf. Und diese Ängste behindern den Menschen sehr. Du weißt dann nicht, warum du dich so behindert und eingeschränkt fühlst, weil du keine konkrete Angst wahrnimmst. Die latente Angst wird nur sichtbar, wenn es einen konkreten Anlassfall gibt. Als harmloses Beispiel fällt mir gerade Angst vor Spinnen oder wilden Hunden ein. Du hast so eine Angst nicht permanent, sie ist dir normalerweise nicht bewusst. Bis du einer Spinne oder einem wilden Hund begegnest. Dann wird die Angst akut.
Harmlos, wie gesagt. Die schlimmen latenten Ängste sind zB Angst vor bestimmten Arten von Menschen oder noch schlimmer, Angst vor bestimmten Situationen. Die behindern dich wirklich und schränken dich stark ein.
Bei allen bisher beschriebenen Ängsten ist meiner Erfahrung nach nur bei der ersten mein beschriebener Umgang wirkungsvoll. Bei allen anderen Ängsten sieht das anders aus. Mein Umgang mit der akuten, starken Angst hat mir aber eine grundsätzlich andere Sicht auf die Angst und einen anderen Umgang mit jeder Art von Angst ermöglicht. Insofern ist dieses Beispiel doch wichtig.
Worüber ich heute aber im Besonderen schreiben will, und warum ich heute überhaupt über Angst schreibe, ist die Angst vor dem Neuen. Und genau diese Angst wird von erwachenden – und auch erleuchteten – Menschen unterschätzt wie nur was. Und damit wird sie auch heruntergespielt. Manchmal sogar ignoriert. Alles zusammen katastrophale Zugänge, denn diese Angst verdient höchste Aufmerksamkeit.
Mit neu meine ich wirklich neu, also etwas, was es zuvor nie gegeben hat. Erwachende und erleuchtete Menschen sind besonders viel mit Neuem konfrontiert, mit Dingen, Veränderungen, Situationen und Lebensweisen, die komplett neu sind. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine bekannten Präzedenzfälle gibt, an denen sich andere Menschen orientieren können. Die Erleuchteten sprechen nicht über ihre Ängste. Zumal dann nicht, wenn sie selbst noch welche verspüren, was aber der Fall ist.
Erwachende Menschen gehen, schnurstracks oder auf Umwegen, in etwas völlig Neues und Unbekanntes. Erleuchtete noch mehr. Da ist haufenweise riesige Angst! Das ist normal und verständlich. Die Katze hat eine Scheißangst, wenn sie zum Vogel wird!
Wenn du vor einer Entscheidung stehst, von der du genau weißt, dass sie deine bisherige Lebensgrundlage total verändert und kein Stein auf dem anderen bleibt, hast du dann Angst, diese Entscheidung zu fällen? Du hast mit Sicherheit jede Menge Angst. Würdest du öffentlich darüber schreiben? Eher nicht, würde ich meinen. Da ist zu viel Scham. Glücklicher Weise wissen die meisten Menschen nicht, wenn sie solche Entscheidungen treffen, sie erfahren dann halt, wie es ist. Ich sage glücklicher Weise, denn sonst würden viele wichtige Entscheidungen nicht getroffen werden. Dennoch spüren Menschen, wenn sie vor solch großen Entscheidungen stehen. Und sie haben Angst.
Kürzlich hatte ich einen jungen Klienten, der grundsätzlich recht offen und ungeniert über seine Angst geschrieben hat. (Er befindet sich gerade in der Phase der Realisierung seiner Erleuchtung,) Dennoch war für mich deutlich zu spüren, dass er verhalten und ihm das Thema unangenehm war. Im Zuge unserer E-Mail-Unterhaltung habe ich ihm geschrieben: „Da, wo du jetzt stehst, ist jede Menge Angst.“ Und dann noch ein bisschen mehr. Er war darüber sehr dankbar, dass ich an der Angst nicht herumgemurkst habe und sie sehr ernst genommen habe. Später habe ich bei mir gedacht: „An diesem jungen Mann könnten sich so Manche ein Beispiel nehmen.“
Ja, glaubst du im Ernst, ich habe keine Angst vor dem Neuen? Manchmal ist sie sogar ziemlich groß, und ich schreibe auch darüber. Als ich das göttliche Leben gewählt habe, wusste ich genau, was das bedeutete. Ich habe mir vor Angst fast in die Hose gemacht und im Blog es auch so ausgedrückt. Ich habe genau gesehen, dass ich nun keine menschliche Aktion machen durfte, wenn mir gerade alles um die Ohren fliegt.
Und jetzt wieder. Erst vorgestern habe ich darüber geschrieben, dass die Neue Energie gerade ein ziemliches Chaos in meinem Leben anrichtet. Jede menschliche Aktion von mir hat das Chaos vergrößert. Da ziehen Leute unberechtigt Geld von meinem Konto ein, und ich habe mich entschieden nichts zu tun. Und schon kommt Geld aus einer anderen Quelle. Diese Entscheidungen fordern mich gerade sehr.
Das sind Sachen bzw. Verhaltensweisen von mir, die mich ängstigen. Aber seit ich dem Schrecken der Angst die Zähne gezogen habe, spielt Angst eine andere Rolle für mich. Ich lasse mich nicht mehr davon abhalten, wichtige und richtige Entscheidungen zu fällen. Es klingt vielleicht ein bisschen geschwollen, ich gehe über die Angst hinaus. Sie ist keine dauerhafte Hürde für mich.
Die Angst vor dem Neuen wird von den allermeisten Menschen, die dies hier lesen, völlig fehleingeschätzt. Das liegt daran, dass diesen Menschen nicht bewusst ist, wie groß und fundamental und weltverändernd das ist, was sie hier so selbstverständlich tun. Es verändert deine Welt radikal, und es verändert die Welt da draußen. Also rate ich jedem, seine Angst vor dem Neuen ernst zu nehmen. Vor einer Entscheidung sich genau die möglichen Folgen anzusehen und dann über seine Angst hinaus zu gehen. Jenseits der Angst wirkt dann die Neue Energie.