Es nervt

Seit ca. einer Woche nervt mich ziemlich viel. Ich meine, so richtig. In jedem Lebensumstand finde ich etwas, das mich nervt. Dinge, Situationen, Menschen, Tiere, Verhaltensweisen … in allem sehe ich etwas, das mir fürchterlich auf die Nerven geht. Etwas, das mir an sich wunderbar gefällt, erscheint plötzlich in einem Licht, das ich überhaupt nicht mag. Und das kann wirklich alles sein. Liebe kann mich plötzlich nerven, weil sie nicht so ist, wie ich sie in dem Moment haben will. Geldfluss kann mich nerven, weil er stärker sein könnte. Beiträge auf meiner Plattform können mich nerven, E-Mails, Nachrichten, die ganze Welt! Ich nerve mich.

Leise begonnen hat es schon einige Wochen zuvor, und seit einer Woche ist es heftig. Oh, es ist nicht immer so, ich verbringe nicht 24 Stunden am Tag in einem genervten Zustand. Aber er kommt immer wieder. Manchmal geht das stundenlang so dahin. Ich bin mit allem in meinem Leben unzufrieden.

Und dann passieren Dinge, die tatsächlich meiner Haltung entsprechen. Ich versuche, ein Notebook aufzusetzen. Es funktioniert nicht. Ich versuche, ein anderes aufzusetzen. Das funktioniert auch nicht. Ich sehe einen Versuch, meine Plattform als Diskussionsforum zu gebrauchen, was mir gar nicht gefällt. Und male mir natürlich in den buntesten Farben aus, dass das jetzt so weitergeht. Ich baue meine Plattform um, oder besser gesagt, ich baue sie neu. Neuer Provider, neue Technologie, neues Design, neue Features. Ich stoße auf ein Problem nach dem anderen. Nach einer Woche Arbeit bin ich kaum einen Schritt weiter.

Was bin ich doch für ein großartiger Schöpfer! Kaum nervt mich alles, geschehen Dinge, die mich wirklich nerven könnten! ;-) Ich stehe an, an allen Ecken und Enden. Naja, das ist jetzt übertrieben, aber ich erlebe Hürden, die nicht normal sind. Interessanter Weise nerven mich die am wenigsten. Da gehe ich einfach weiter. Übrig bleibt, dass mich alles nervt, was mir sonst Freude bereitet.

Gestern bin ich krank geworden. Vorgestern hat es begonnen, gestern war die Verkühlung da. Eine Verkühlung halt, mit allgemeinem körperlichen Schwächegefühl und Unwohlsein. Kein Schnupfen, dafür Husten, was selten ist bei mir. Mir fällt auf, dass ich schon zum dritten Mal krank bin, seitdem ich im Grünhexenland bin. Davor war ich viele Jahre lang überhaupt nicht krank, nicht einmal Schnupfen. Bei meiner zweiten Krankheit meinte die 12-jährige Lisa nur ganz cool: „Es muss eben alles raus!“ Da musste ich lachen. Ich spürte, dass sie recht hatte.

Jedenfalls nervt mich meine Krankheit auch nicht, wie ich oben schon erwähnte. Ich erkannte sofort ihre Richtigkeit und war dankbar dafür. Tagelang bin ich dagesessen bei meiner neuen Plattform und bin auf ein Problem nach dem anderen gestoßen. Ich probierte etwas aus, das funktionierte nicht. Ich probierte etwas anderes, das funktionierte auch nicht. Und so ging es dahin. Schließlich hatte ich an verschiedenen Ecken verschiedene Probleme, bastelte mal an diesem, mal an jenem. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wusste nicht einmal, was ich eigentlich wollte, weil mich ja sowieso alles nervte. Also versuchte ich etwas ganz anderes. Da kam ich natürlich auch nicht weiter. Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung, dass göttliche Schöpfungen ganz anders funktionieren. Und ich wusste, dass es überhaupt keinen Sinn hat, so weiterzumachen. Trotzdem machte ich weiter.

Und an dieser Stelle beschenke ich mich mit einer Krankheit. Wunderbar! Sie zwingt mich dazu, aufzuhören, eine Pause zu machen. Ich hatte gestern, bedingt durch meine Verkühlung, überhaupt keine Lust, den Computer einzuschalten. Stattdessen genoss ich die Ruhe um mich. Abends saß ich in meinem großen Fauteuil neben dem Ofen, ging in meinem Häuschen auf und ab spazieren, redete mit mir selbst, hing meinen Gedanken und Gefühlen nach, und meine Katze, die nicht mir gehört, beobachtete das von ihrem Schlafplatz aus. Am Nachmittag hatte ich den Impuls, Rotwein zu kaufen. Beim Wein bin ich eingefleischter Weißweintrinker, aber ich folgte meinem Impuls, weil ich spürte, dass mir dieser Rotwein gut tun würde. Und so war es dann abends auch. Und siehe da, die Probleme begannen, sich aufzulösen. Ich wusste auf einmal, wie ich weiter tun musste. Und dabei ließ ich es bewenden. Auch heute noch, weil ich noch immer krank bin.

Und ich bin noch mehr begeistert von meiner Krankheit. Denn ich musste mir nichts wirklich Übles schenken, eine Verkühlung genügte schon. So liebevoll gehe ich mit mir um. :-) Oder anders betrachtet: Ich erkenne meine eigenen Signale früher.

Jedenfalls hatte ich heute wieder ein, zwei Stunden, in denen mich alles nervte. Und ich betrachtete mich. Und ich sah, wie ich, der Schöpfer, den Dingen, die per se keine Bedeutung haben, eine Bedeutung gebe. Das ist mein Schöpfertum, dadurch erschaffe ich mein Leben. Und ich sah, dass ich anders reagierte als früher. Ich versuchte nicht, gegen das Nerven anzugehen oder gar Dinge im Außen verändern zu wollen. Ich weiß, dass das Nerven ein Ende hat und überlege mir, wie ich darauf antworten will.

Glossar